Über die Anthologisierung in J. Dobrovskýs »Slavin« (1806) hat das »Sprache«-Kapitel der Einleitung zu A. L. Schlözers »Nestor« (1802) die methodische Grundlegung der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft in der Slavischen Philologie sehr gefördert. Gestützt auf Dobrovskýs ausführliche Kommentare zu diesem Text hat A. Chr. Vostokov ihn 1810 ins Russische übersetzt und seinerseits kommentiert. Die dabei gewonnenen Einsichten indie Gesetzmäßigkeiten der Sprachentwicklung im Slavischen sind eine wesentliche Voraussetzung dafür gewesen, daß 1820 Vostokovs epochemachende »Abhandlung von der slavischen Sprache« erscheinen konnte, in der seine besondere Vertrautheit mit der ältesten slavischen Textüberlieferung und die 1819 in Jacob Grimms »Deutscher Grammatik« propagierte sprachwissenschaftliche Prinzipienlehre eine zukunftsweisende Verbindung eingegangen sind. Die Edition macht Vostokovs Übersetzung von 1810 erstmals vollständig zugänglich, vergleicht sie mit ihrer deutschen Vorlage und stellt auch durch die Identifikation weiterer Quellen einen beachtenswerten Beitrag zur Geschichte der Slavistik wie zur Schlözer-Rezeption in Rußland dar.
Helmut Keipert Libros






Pope, Popovskij und die Popen
Zur Entstehungsgeschichte der russischen Übersetzung des »Essay on Man« von 1757
Am Beispiel des 1733/34 entstandenen »klassischen Lehrgedichts der englischen, wenn nicht der Weltliteratur« wird gezeigt, welche formalen und inhaltlichen Veränderungen auftreten können, wenn ein geschliffen-elegant formulierter Verstext von – damals – brisantem Inhalt allein aufgrund von Zwischenübersetzungen re-versifizierend in eine dritte Sprache übertragen wird. Für die russische Nachdichtung von N. N. Popovskij ist 1753/54 eingestandenermaßen in Unkenntnis des Englischen eine französische Übersetzung verwendet worden; außerdem hat, unerwähnt, J. J. G. Am-Endes 1743 gedruckte und mit umfangreichen Kommentaren versehene Latinisierung des Essay eine wesentliche Rolle gespielt. Vor allem auf diesen Vermittler geht die bisher kaum beachtete, aber im Vergleich zur Rezeption in Westeuropa massive Verchristlichung des Werkes im Russischen zurück. Am-Ende dürfte so indirekt dazu beigetragen haben, dass Popovskijs Text die Hürden der kirchlichen Zensur in Russland überwinden konnte.