Räuber-Rede

Hochhuth bezeichnet die drei Reden in diesem Band als «Drei deutsche Vorwürfe». Anlässe waren die Verleihung des Münchner Geschwister-Scholl-Preises, des Hamburger Lessing-Preises und das Gedenken zum 200. Jahrestag der RÄUBER-Uraufführung. Der gemeinsame Impuls, der den Autor über die Anlässe hinausführt, ist das Bewusstsein für die Zeitgenossenschaft der Toten und der Appell an die Lebenden. Wenn diese Toten uns heute die Gewissensfrage stellen würden, was aus der Freiheit geworden ist, für die sie kämpften und für die 1943 die Münchner Studenten starben, wie könnten wir darauf antworten? Das Drama spiegelt unsere Jugend wider, die nicht nur mit einem Scheitel auf die Welt kommt. Die Figuren im Stück, seien es Büttel, Priester oder der Vater, repräsentieren uns Alte, heute wie damals. Bevor wir Schillers Werk als veraltet abtun, sollten wir uns fragen, warum unser Staat Loyalität von der Jugend erwartet. Der Geist der Rebellion, der das faszinierendste Drama eines Jünglings hervorbrachte, ist nicht mit Terrorismus gleichzusetzen, sondern mit einem Radikalismus, der möglicherweise Europa angesichts der gegenwärtigen Bedrohungen retten kann.