Brüche, Torsi, Unvollendetes
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Unsere Welten, sowohl materiell als auch geistig, sind von Spuren durchzogen, die von Naturereignissen und Lebewesen zeugen. Wenn der Mensch aktiv wird, sei es aufbauend oder zerstörend, vervielfachen sich diese Spuren in der Außenwelt, im Atelier, Büro und Labor, sowie in Erinnerungen und im Seelenleben anderer. Sie finden sich auch im mikroskopischen Bereich der Teilchenphysik. Überall um uns herum existieren Spuren von Vorgängen, Erlebnissen, Krankheiten, Unfällen, Glück und Elend. Es ist beunruhigend, wenn Ereignisse keine Spuren hinterlassen oder wenn Dinge und Menschen spurlos verschwinden. Ob sichtbar oder im Unterbewussten vergraben, bilden Spuren ein Gegenwärtiges, das von Vergangenem zeugt und auf Zukünftiges verweist. Ihre Bedeutung entfaltet sich jedoch erst, wenn sie beachtet, gelesen und interpretiert werden. Dies ist eine zentrale menschliche Tätigkeit. Unabhängig von seinen Zielen wird jeder Mensch Spuren deuten und verfolgen. Sollten sie verloren gehen, wird er alles daran setzen, sie wiederzufinden. Vertreter unterschiedlichster Disziplinen, von Medizin und Psychiatrie bis hin zu Philosophie, Literaturwissenschaft und Ethnologie, suchen nach Spuren, lesen sie und erörtern deren Wesen, Funktion und Bedeutung.
Naturereignisse jeglicher Art und jeglichen Ausmasses (Kometen, Hurrikane, Erdbeben, Felsstürze, Regengüsse, Dürre usw.) hinterlassen Spuren. Dasselbe gilt für Lebewesen. Und wo der Mensch aktiv wird, aufbauend oder zerstörend, vervielfachen sich die Spuren: in der grossen äusseren Welt, im Atelier, im Büro und im Labor, in der Erinnerung und im Seelenleben der Nächsten, aber auch im Reagenzglas und im mikroskopischen Bereich der Teilchenphysik. Unsere Welten, die materielle wie die geistige und die psychische, sind voll von Spuren, Fährten, Pisten. Und es ist zumindest beunruhigend, ja geradezu widernatürlich, wenn ein Ereignis keine Spuren hinterlässt oder wenn Dinge und Menschen spurlos verschwinden. Spuren haben die Natur von Zeichen. Ob sichtbar oder im Unterbewussten vergraben, ob bloss erahnt oder klar erfasst, bilden sie ein Gegenwärtiges, das von etwas Vergangenem zeugt und zugleich auf etwas Zukünftiges verweisen kann. Deshalb auch ist der Mensch wesensmässig ein Spurenleser. Was er auch anstrebt, sucht, unternimmt, wissen will, er kommt nicht darum herum, Spuren zu deuten, sie zu verfolgen. Und sollte er sie verloren haben, wird er alles daran setzen, sie wieder aufzunehmen.
Philosophie und Theologie, Literatur-, Musik- und Sprachwissenschaft, Psychologie, Suchtforschung und Psychiatrie, Politologie und Wissenschaftsgeschichte: eine Vielfalt von Wegen, die der Mensch denkend, handelnd und gestaltend beschreitet, wird in diesem Buch von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Forschungsrichtungen ausgelotet und auf ihre Bedeutung überprüft.