Matthias Micus Libros





Der Begriff »Führung« ist unscharf und schillernd. Ein und derselben Figur werden Führungsqualitäten einmal zu- und dann wieder abgesprochen. Der visionäre Ost- und Friedenspolitiker Willy Brandt galt vielen Betrachtern in den frühen 1960er Jahren als oberflächliches Kennedy-Imitat. Kurt Biedenkopf wurde zunächst als »Wunderknabe« emphatisch beklatscht, um bald darauf als »wunder Knabe« verspottet zu werden. Noch schneller verglühte der kurzzeitig hell leuchtende Stern Ralf Dahrendorfs – und auch die Urteile über die Vorsitzenden von PDS und Linkspartei schwanken im Zeitverlauf erratisch. Was aber bedeutet das für politische Führung? Basieren die Umschläge in der öffentlichen Meinung auf einem plötzlichen Verlernen beziehungsweise dem ebenso spontanen Erwerb politischer Führungsfähigkeiten? Oder gibt es bloß keinen Königsweg für die Eroberung und Sicherung politischer Macht, ist Führung also stets abhängig vom Zeitpunkt und vom Standort des Betrachters? Eben darum soll es hier gehen: Welche persönlichen Eigenschaften begünstigen Aufstieg und Verbleib in Führungsämtern? Inwiefern begrenzen oder erweitern institutionelle, soziale und kulturelle Einflüsse Gestaltungsräume? Und lassen sich Erfolgsindikatoren von Führung in Parteien und Politik identifizieren?
Die "Enkel" Willy Brandts
Aufstieg und Politikstil einer SPD-Generation
Seit vielen Jahren bestimmt die Generation der "Enkel" Willy Brandts den Kurs der SPD, sie stellte (und stellt) zahlreiche Ministerpräsidenten und Landesminister und seit 1998 auch die Bundesregierung. Teilweise auf der Grundlage von persönlichen Interviews vollzieht Matthias Micus die persönliche und politische Entwicklung wichtiger sozialdemokratischer Politiker nach (unter anderem Scharping, Schröder, Lafontaine, Engholm und WieczorekZeul) und vermittelt Einblicke in Motive, Beweggründe und Handlungslogiken der "Enkel". Der AutorMatthias Micus studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte in Göttingen. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der AG Parteienforschung der Universität Göttingen