Einspruch aus christlicher Sicht - das biblische Lebensverständnis steht gegen
die 'Tyrannei des gelingenden Lebens' in der Identitätspsychologie, im Kontext
von Gesundheit und Krankheit sowie bei der Sinnsuche.
Der Band vereint Beiträge eines Symposiums und eines anschließenden Arbeitstreffens an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Das Thema reagiert auf die Sprachunfähigkeit der Christen hinsichtlich ihres Glaubens und die Vermutung, dass die Dogmatik dazu beiträgt. Dogmatische Begriffe wie Schöpfung, Allmacht und Sünde sind oft unverständlich geworden, was es erschwert, die biblische Tradition als Orientierungswissen zu kommunizieren. Die Dogmatik sollte, wie Paul Ricoeur sagt, diese Begriffe zerbrechen und die Geschichten des sich erbarmenden Gottes erzählen. Ein grundlegender Teil behandelt die aristotelische Argumentation (M. Landfester), das Erzählen nach Ricoeur (D. Hiller) und den Pluralismus der biblischen Tradition (G. Schneider-Flume). Ein kritischer Beitrag betrachtet das Thema aus der Sprachphilosophie (M. G. Petzoldt). Exegetische Beiträge analysieren die Redeformen im Hiobbuch (R. Lux), die Erzählungen über Jesus Christus (O. Wischmeyer) und den Redaktor als Erzähler des Markusevangeliums (E.-M. Becker). Dogmatische Aufsätze thematisieren die Rede von Gott (W. Krötke), die Bedeutung der Reich-Gottes-Gleichnisse (M. Petzoldt), die Schöpfung als erzählte Geschichte (O. Bayer) und den Menschen als Sünder in Gottes Geschichte (G. Schneider-Flume).
Theologische Überlegungen zum demographischen Wandel und zum Alter(n)
157 páginas
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Weltweit stehen Gesellschaften heute vor der Herausforderung des demographischen Wandels. Die so genannte Überalterung der Gesellschaft verlangt nach einer Neubesinnung auf das Verständnis der Lebensphase des Alters. Noch wird die Zugehörigkeit des Alters zum Leben weitgehend verdrängt. Alter gilt als defizitäres Minderleben. Der Reichtum einer ganzen Lebensphase wird damit verspielt, Alter wird als »uneigentliches Leben« abgewertet. Der Gegensatz zwischen Leben und Alter wird verstärkt durch die gesellschaftliche Ausgrenzung der Alten aus dem Berufs- und Produktionsprozess sowie durch die gleichzeitige Beurteilung alter Menschen nach den Maßstäben der Arbeits- und Leistungsgesellschaft. Alte Menschen gelten als nicht mehr produktiv und leistungsfähig. Sie sind die »Generation-Nicht-Mehr«. Das ist ihr Schicksal. Gerontologen propagieren Produktivität als Heilmittel gegen die finanziellen Belastungen durch die Alten und gegen den Abbau individueller Kräfte im Alter. Wer produktiv ist, lebt besser und länger. Auch im Alter darf aber die Tyrannei von Erfolg und Gelingen nicht beherrschend werden.Die christliche Tradition enthält ein Verständnis des Lebens, das allen Menschen Lebensspielräume auch jenseits des Berufslebens eröffnet. Leben ist nicht nur Leistung, Leben-Müssen, sondern auch Leben-Dürfen.Alter ist Schicksal mit vielen Beschwerlichkeiten und dennoch zugleich Gnade, Leben, das sich als Geschenk ohne Bedingungen erschließen kann. Man kann sich eine altersintegrierte Gesellschaft vorstellen, in der Leben im Kontext des Realismus der Barmherzigkeit verstanden wird. Erbarmen gewährt Raum und Zeit vor aller Leistung. Gottes Geschichte trägt menschliches Leben in allen Stadien und in allen Phasen von Kraft oder Schwäche vom ersten bis zum letzten Atemzug.