Radikaler sozialer und normativer Wandel, wie er etwa während des »Dritten Reiches« und nach 1945, aber auch nach dem Fall der Mauer 1989 eingetreten ist, fordert die Theorie auf verschiedenen Ebenen heraus. Wie sind moralische Zusammenbrüche, normative Veränderungen und Revolutionen ethisch und soziologisch zu rekonstruieren? Was geschieht mit den Rechtssystemen in diesen Situationen? Welche Legitimationsgrundlage haben die neuen sozialen Ordnungen und Gesetze, die entstehen? Der Sammelband behandelt diese Probleme interdisziplinär: Ausgehend von der normativen Katastrophe des Nationalsozialismus, untersuchen Philosophen, Juristen, Sozialwissenschaftler und Judaisten die Renaissance des Naturrechtsdenkens nach 1945, soziologische Theorien normativen Wandels sowie verfassungsrechtliche und schuldtheoretische Probleme. Die Beiträge sind für alle von Interesse, die sich mit normentheoretischen und ethischen Fragen oder mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus befassen. Aufgrund des verständlichen Stils bietet der Band auch fachlichen Laien einen Zugang zu den Normendiskussionen in den verschiedenen Wissenschaften.
Maria Sibylla Lotter Libros





In der Demokratie und in der Wissenschaft brauchen wir den offenen Diskurs mit Andersdenkenden. Umfragen zeigen jedoch, dass sich ein Teil der Bevölkerung nicht mehr frei fühlt, seine politische Meinung zu äußern. Manche sprechen sogar von einer Meinungsdiktatur. Eine gestörte Diskussionskultur ist aber keine Diktatur. Die Diskutant: innen schaffen sich ihre Verständigungsprobleme selbst. Maria-Sibylla Lotter, Eric Hilgendorf, Ulrike Ackermann, Georg Meggle, Sandra Kostner, Inken Prohl, Dieter Schönecker, Jan Menzner und Richard Traunmüller untersuchen aus unterschiedlichen Perspektiven unsere aktuellen Probleme der Streitkultur in Öffentlichkeit und Wissenschaft.
Was ist Wahrheit, was ist Lüge? Im »postfaktischen Zeitalter« erfährt diese alte philosophische Frage ungeahnte Aktualität. Linguisten und Philosophen widmen ihr seit längerem wieder erhöhte Aufmerksamkeit. Dass er sich der Wahrheit im Erkenntnisprozess nur annähern kann, weiß der Mensch; die bewusste Abweichung von ihr durch List, Verstellung oder Lüge sanktioniert er dennoch. Die Lüge stört die göttliche Weltordnung, verletzt Vertrauen, missbraucht die Sprache. Kann der Mensch aber ohne Lüge überhaupt leben? Der Band versammelt klassische philosophische und theologische Texte von der Antike bis in die Gegenwart, die verschiedene Lügenkonzepte vorstellen und zeigen, dass es früh schon Unterströmungen gab, die List und Lüge auch positive Aspekte abgewinnen.
Was macht aus Menschen moralische Personen? Wie entstehen die spezifischen Verhältnisse, in denen Phänomene wie Schuld, Scham, Verantwortung und Respekt auftreten? Und warum fühlen wir uns oft so fremd in unserem Selbstverständnis – warum ist es so schwierig, unsere eigenen Verhältnisse mit unseren moralischen Begriffen und philosophischen Theorien zu verstehen? Auf den ersten Blick sind das aussichtslose Fragen, denn das moralische Leben gründet nicht auf moralphilosophischen Argumenten. Es entwickelt sich vielmehr in sozialen Praktiken und kulturellen Lebensformen, die nicht auf Theorien reduziert werden können. Maria-Sibylla Lotter greift auf einschlägige ethnologische Forschungen unterschiedlicher Lebensformen zurück und bringt sie mit dem moralphilosophischen Diskurs ins Gespräch. So eröffnet sich ein innovativer Zugang zu ethischen Fragen.