Waltraud Mittich Libros





Mittich erzählt eine Herkunftsgeschichte, welche die Bruchstellen offenlegt, die der letzte große Krieg in den Biographien hinterlassen hat. Sie berichtet in autofiktionaler Weise von ihrem ukrainischen Vater, Offizier der Roten Armee, erzählt diesem nie gekannten Vater seine heutige Ukraine und in Anekdoten und kleinen historischen Exkursen ihr eigenes Leben und Frausein in Südtirol. Sie erinnert auch an die Vatersuche des großen Autors Joseph Roth, geboren in Brody, heutige Ukraine, und an sein Galizien, ehemaliges Kronland der Habsburgermonarchie.„Aber der Satz. Der wundersam unmöglich verbrauchte, abgenutzte Satz, Noodles in ‚Once upon a time in America‘ sagt ihn zu Deborah: Niemand wird dich je so lieben wie ich. Dieser Satz kreuzt sich mit dem meinen. Verschämt und anmaßend sage ich zuweilen zu diesem unbekannten Vater: Niemand wird dich je so geliebt haben wie ich.“
Sanpietrini
Roman
Auf den Sanpietrini Rom erobert, durch Rom gezogen, immer die Pflastersteine unter den Füßen, sie gespürt, als eine Konstante empfunden, obwohl sie schon immer gewackelt haben unter ihren deutschen Füßen: Barbara wächst zwischen Zäunen und Feldern, zwischen Geboten und Verboten auf. Es gibt keine Freiheit der Gesten, der Erfindung, des Spiels, schon gar nicht der Extravaganz oder der Ironie. Später verbringt sie einen großen Teil ihres Lebens damit, vor der Freiheit Angst zu haben. Sie flieht, endet im Haus, im Wohnen. Aber das Habitat ist immer bedroht. Mit 60 Jahren steht sie vor der Frage, was noch kommen kann. Waltraud Mittich erzählt in diesem Roman von genommenen Freiheiten, von wagemutigen Utopien und von Männern als Märchenerzählern.
Micòl
Roman
Im Jahr 1962 legte der italienische Schriftsteller Giorgio Bassani mit seinem „Il giardino dei Finzi Contini“ ein Meisterwerk vor. Erzählt wird die Geschichte der unmöglichen Liebe eines jungen Mannes zur Jüdin Micòl, die deportiert wird. Waltraud Mittich will geschehenes Unrecht nicht akzeptieren, stellt sich vor, dass eine Geschichte auch anders hätte ausgehen können und führt ein halbes Jahrhundert später die Geschichte der Micòl fort, die sich für einen eigenen, weiblichen Kanon entscheidet, um Anerkennung und Freiheit zu erringen. Mit viel Empathie zeichnet sie das Leben dieser jüdischen Frau, die den Stern trägt, aber auch das Tuch, auf hohen Plateausohlen läuft und die Federboa um den Hals drapiert. In ihren Gärten der Finzi ist die Korrektur der Wirklichkeit möglich und die Liebe erscheint von wattierter Reinheit. Die Südtiroler Autorin skizziert in ihrer Hommage an Giorgio Bassani den möglichen Lebensweg einer literarischen Figur, reflektiert über Bücher, Lesen und Sprache, indem sie mehrere Erzählstimmen erklingen lässt und die Schrecken des 20. Jahrhunderts durchmisst.
Hinter den mondänen Fassaden von Grandhotels verbergen sich Geschichten von Luxus und Untergang, von Treue und Verrat, von Sehnsucht und Abschied und von der Scheinheiligkeit des Tourismus. Moia spürt dem geheimnisvollen Zauber dieser Häuser nach. Sie besucht Grandhotels von Palermo bis Danzig und begegnet dort Menschen, die auf der Suche sind – oft ohne selbst genau zu wissen wonach: Adriana Sciascia etwa, die im Grande Albergo e delle Palme den Wurzeln ihrer sizilianischen Familie auf den Grund kommen will; die Ukrainerin, die fern ihrer Heimat im Südtiroler Tourismushotel um eine bessere Zukunft kämpft; Johanna D., die ihre Selbstachtung im weltweiten Netz verloren hat und sich im Grandhotel Misurina vor sich selbst versteckt; oder Isa Vermehren, die als Sonderhäftling des NS-Regimes ins Hotel am Pragser Wildsee gebracht wird, wo sie auf die Befreiung wartet. Wie in einem Film von Fellini fächert Waltraud Mittich vor der mondänmelancholischen Kulisse von Grandhotels brisante wie berührende Schicksale auf – ein Meisterstück vielschichtiger Erzählkunst.