Wie wurde das europäische Völkerrecht zu einer weltweit geltenden normativen Ordnung? Der Zusammenhang von Kolonialismus und Völkerrecht wird zunehmend thematisiert. Bisher wurde die Geschichte des Völkerrechts vor allem aus einer ideengeschichtlichen Perspektive betrachtet, wobei juristische Schriften europäischer Gelehrter im Mittelpunkt standen. Dieser Kontext reicht jedoch nicht aus, um die politischen, kulturellen und ökonomischen Folgen der Ausweitung europäischer Rechtsnormen auf andere Regionen zu erklären. Die komplexen Beziehungen zwischen europäischen Mächten und außereuropäischen Herrschaftsgebieten müssen im Rahmen der Kolonialgeschichte untersucht werden. Besonders aufschlussreich sind Süd- und Südostasien, wo viele normative Ordnungen aufeinandertrafen. Islamische Reiche, hinduistische Königreiche und europäische Handelskompanien unterhielten diplomatische Beziehungen. Bis zum neunzehnten Jahrhundert koexistierten verschiedene normative Ordnungen, bis sich das Machtverhältnis zugunsten der Europäer änderte. Elemente dieser Ordnungen fanden Eingang in das Gewohnheitsrecht, das die Beziehungen zwischen Europäern und indigenen Herrschaften regelte. Mit der Zeit setzten die Europäer ihre Normen durch und de-legitimierten die Autorität der indigenen Herrscher. Der völkerrechtliche Begriff der Souveränität spielt eine zentrale Rolle, da er im Kontext des Imperialismus unterschiedlich angewendet wurde und zu einem Verl
Clara Kemme Orden de los libros

- 2017