»Von der Wiege bis zur Bahre«
Kindeswohlgefährdung im völkisch-neonazistischen Spektrum
Innerhalb der völkisch-neonazistischen Szene gilt das Prinzip »Von der Wiege bis zur Bahre«. Familienverbände erziehen seit Generationen, teilweise seit dem Nationalsozialismus, ihre Kinder nach biologistisch-rassistischen und nationalsozialistischen Prinzipien. Völkisch-nationalistische und neonazistische Jugendbünde übernehmen neben den Eltern einen wesentlichen Teil der ideologischen Sozialisation und schaffen eine abgeschottete, ideologisch geschlossene Parallelwelt. Die Erziehung der Kinder erfolgt nach der völkischen Maxime, die individuelle Person den Bedürfnissen der angenommenen Volksgemeinschaft zu unterordnen. Ein Ausstieg aus diesem spezifischen Teil der organisierten neonazistischen Szene ist extrem selten und für Kinder und Jugendliche nahezu unmöglich. Die Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) wurde 2009 aufgrund ihrer Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus verboten, steht jedoch bis heute exemplarisch für diese Form institutionalisierten völkischen Erziehung. Die Untersuchung beleuchtet die Erziehungsprinzipien, -inhalte und -praktiken der HDJ anhand ihrer schriftlichen Selbstdarstellungen durch qualitative Inhaltsanalyse. Dabei wird der Aspekt der Kindeswohlgefährdung hervorgehoben und aufgezeigt, dass in diesem Spektrum die Grundrechte von Kindern und Jugendlichen systematisch verletzt werden. Zudem werden Implikationen für die erziehungswissenschaftliche Forschung und Praxis diskutiert.
