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Gontran Peer

    1 de enero de 1957
    Haiku im Kreis
    Neun bis Vierzehn
    Haiku und so weiter
    • Vorwort Haiku ist weder „fertig“, wie wir es von einem Gedicht Goethes oder Hölderins kennen, noch „schön“, so schreibt Dietrich Krusche. Wir sollen es nicht einfach ansehen und stehenlassen, sondern es verlangt nach Kooperation. Es will nachvollzogen und weitergedacht werden. Haiku ist kein kompliziertes Sprachgebilde. Es kommt nicht mit Verschnörkelungen daher, um Leser zu beeindrucken, sondern es ist ehrlich und authentisch und damit im besten Wortsinn entwaffnend. In einer deutschsprachigen Haiku-Szene mit experimentellen Strömungen in alle Richtungen hat der erfahrene Haiku-Dichter Gontran Peer sich diese traditionelle, ungeschminkte Schreibart nicht nur bewahrt, er hat sie von Buch zu Buch immer weiter perfektioniert. Die vorliegende Sammlung ist in der Natur und den Jahreszeiten verankert. Hier schreibt ein Autor, der ein großes Bewusstsein für die jahreszeitlichen Vorgänge hat und es in Haiku umzusetzen vermag. Seine Haiku bilden die Ambivalenz der Naturverbundenheit mit der gleichzeitigen Wahrnehmung, durch ebenjene Suche nach Nähe zur Natur ein Störenfried zu sein, ab: --Ein Amselweibchen --nur kurz das Nest verlassend – --es hüpft, flieht vor mir Aus den Gedichten spricht Alleinsein in erwünschter und unerwünschter Form, Ehrfurcht vor dem und Liebe zum Leben, oftmals ein Betrachten mit Augenzwinkern, das Scheuen der Menschenmenge und die gleichzeitige Notwendigkeit, unter Menschen, Gleichgesinnten zu sein oder zumindest die Sehnsucht danach zu haben. Doch verlässt Gontran Peer auch in Sehnsuchtsmomenten nie den gradlinigen, authentischen Weg, fällt nicht in Larmoyanz oder Manieriertheit. Mühelos wechselt er in eine humorvolle Perspektive und erinnert daran, dass das Haiku ganz ursprünglich einmal ein Scherzgedicht war, mit dem sich vortrefflich das eine oder andere kleine Missgeschick andeuten lässt: --Am einsamen See – --die Badehose verliert --ihren Besitzer Gontran Peer nimmt uns mit seinem Lupenblick mit in die Natur, die ihn inspiriert hat, und seine Liebe zum Detail und noch zum kleinsten Getier verlangsamt den eilenden (inneren) Schritt. Mit diesen Haiku wandernd, fallen Spinne, ein Storch, eine Eidechse ins Auge; still Stehendes oder vermeintlich nur am Wegesrand Wahrnehmbares rückt in den Mittelpunkt und wird Zentrum eines lyrischen Bildes. Auch damit steht Gontran Peer in der Tradition der alten Haiku-Meister, von denen besonders Issa Tiere bedichtete, die wohl sonst kaum eine Chance hätten, in einem Gedicht vorzukommen. Bei Gontran Peer sind sie Adressat und Anlass zugleich: --He, Spinne --auf meiner Schulter – --ja schön ruhig bleiben! „Das Gedicht hört seinem Leser zu“, so sagte Hilde Domin. Es soll einen Impuls geben, einen Widerhaken setzen, damit der Leser sich, seine Erfahrung, sein eigenes Bild darin finden und beheimaten kann. Erst im Miteinander mit dem Leser kann ein Gedicht seinen Auftrag erfüllen. Gontran Peers Haiku kommen dieser Anforderung mit einer Leichtigkeit nach, der man die gründliche und langwierige Arbeit an jedem Gedicht nicht anmerkt. Die Präzision seines Ausdrucks und die Eloquenz der Haiku ergänzen das jeweilige Bild vortrefflich. So bietet diese Sammlung in jeder Jahreszeit und jeder Stimmungslage einen Grund zu lächeln, einen Anstoß zum Weiterdenken oder ein tröstliches, ermunterndes, erdendes Bild, das den Leser für eine Weile begleiten möchte. Ich wünsche den Leserinnen und Lesern dieser Haiku-Sammlung, dass sie von Gontran Peers Gedichten ebenso bereichert und inspiriert sein mögen wie ich es bin. Hamburg, 22. Mai 2016 - Maren Schönfeld

      Haiku und so weiter
    • Ist das nicht ein Inbild dafür, wie Autor und Leser im Haiku einander begegnen? Der Autor sucht einen Moment zu fassen, der im Leser „zündet“, wenn dieser ihn zu dem seinen macht. Nicht nur Verfassen von Haiku, auch ihre Lektüre bedarf der Schmetterlingsflügel. Drei programmatische Buchtitel hat Gontran Peer vorgelegt, bis „Haiku“ nun ein erstes Mal in den Untertitel wandert. „haiku zeitgemäß“ hieß es zu Beginn, die Quadratur des Kreises be - nennend. Ist es doch die Erfahrung der Zeitlichkeit, die uns ad absur - dum führt. Dieser Zeit „gemäß“, also angemessen, schreibend zu begegnen, hat etwas von einer Utopie. Haiku aber gibt dem Ortlosen einen Ort. „westöstliche haiku“ – so der Titel des zweiten, an Goethes „Westöstlichen Divan“ gemahnenden Bandes – war nun ganz und gar poetisches Programm: es reicht nicht, die japanische Form zu adaptieren, ich muss sie mit Leben, meinem Leben füllen. „haiku im kreis“, der dritte Streich, den ersten explizierend; der Zeit „gemäß“ ist Dichtung, die die Zeit – im doppelten Wortsinne (konservierend und negierend) – aufhebt. Der Kreis als das stimmige Bild für die Unendlichkeit des erfüllten Augenblicks. Der neue Band „Neun bis Vierzehn – Haiku“ enträt aller Programmatik, indem er die Eckdaten der Veröffentlichung des ersten und des vierten Bandes als Zeitspanne protokolliert. Der Autor – endlich bei sich angekommen? Ja und nein. Denn bei sich angekommen ist er schon im ersten Band, der ganz der Poetik des Shasei nach Masaoka Shiki verpflichtet war und mich damit sogleich für mich einnahm. Eine Pendelbewegung ging dann hin zum „modernen Haiku“, das die klassischen Vorgaben hinter sich lässt. Durch die Chronologie der Bücher Gontran Peers wird eine stilistische Entwicklung deutlich, die aber nicht im platten Modell des „Fortschritts“ zu fassen ist. Gontran Peers Werk wächst organisch, er erweitert seine Möglichkeiten, er vergrößert sein Repertoire, ohne dass er dafür das hohe Potential des Beginns preisgeben müsste, könnte oder auch nur dürfte. „haiku im kreis“ bleibt für mich das überzeugende Bild dieses Weges. --- Rüdiger Jung ----

      Neun bis Vierzehn
    • Ein Vorwort zu einem Haikuband zu schreiben, mag unnötig erscheinen, da die Kunst des Haikus im Weglassen liegt. Dennoch stellen Haikudichter oft ihre Verse in einen größeren Kontext, etwa in Form von Haibun oder Haiku-Tagebüchern. Statt eines traditionellen Vorworts möchte ich ein Haiku aus der Sammlung herausgreifen und es näher betrachten. Jedes Haiku kann als „Vorwort“ verstanden werden, das mit wenigen Worten viel darstellt. Ein Beispiel ist das Bild eines Bussards, der über ein weites Feld fliegt. Hierbei ist die Wahrnehmung des Dichters entscheidend, nicht die geringe Wortanzahl. Das Fehlen eines Verbs verstärkt den Eindruck, dass das Wesentliche „da draußen“ geschieht, und lässt die Welt größer erscheinen. Diese Wortarmut steigert den Reichtum der Erfahrung und macht das Dichterwort klein im Vergleich zur dargestellten Welt, die nur durch das Wort existiert. In diesem Kontext wird auch das Kigo, das Jahreszeitenwort, bedeutend. In „jungen gräsern“ bündelt sich die dichterische Energie. Der „feldherr“ mag groß erscheinen, doch er bleibt schwach, da Gontran Peer nicht den Sinnen, sondern einer Metapher vertraut. Diese Haiku, die Peer in unseren Münchner Kreis brachte, spiegeln seine poetische Reise wider, die ihn über schmale Bergpfade führt. Die Erfahrungen des Dichters und Lesers bleiben unergründlich.

      Haiku im Kreis