Şafak Sarıçiçek thematisiert das Wasser in verschiedenen Formen und kritisiert den Kapitalismus im Zyklus Fischfresser, wo Mensch und Fisch ihre Identität verlieren. Dadaistischer Humor bietet einen Ausweg aus Widersprüchen und führt durch den Zyklus Raumleere Lärmraum zu einer sprachlichen Erkundung von Ideen und Stille.
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Im Sandmoor ein Android
Gedichte
Der Kritiker Björn Hayer fragte in einer Rezension von Şafak Sarıçiçeks 2019 erschienenem Lyrikband Kometen, Kometen: „Wer spricht hier? Gewiss ein Poet, der sich vollmundig in die Tradition der hohen Dichterpriester wie Hölderlin, George und Rilke samt deren Hang zu prophetischem Überschwang stellt. […]. Spricht hier ein Nostalgiker? Ja, aber mit Beschwingtheit und kraftvollem Funkenschlag!“Mit Aplomb treten auch die Gedichte auf, die Im Sandmoor ein Android versammelt. Bemerkenswert ist ein Zyklus, der die Heidelberger Sammlung Prinzhorn – ein Museum für Kunstwerke aus psychiatrischen Kliniken – reflektiert und in kraftvolle Sprachbilder übersetzt. Überhaupt geht es in Sarıçiçeks Lyrik oft um Objekte, um Exponate. Kaum ein Gedicht ohne Auftritt lebender oder fossiler Pflanzen und Tiere. Dies alles gerät jedoch nicht zum Panoptikum, sondern ist immer auf das ambivalente Zusammenspiel mit denen bezogen, die es in der Hand haben, die Erde weiterexistieren oder untergehen zu lassen. Da, wo es um das Agieren der Menschen untereinander geht, wird ein tiefer Humanismus deutlich – und ein verhaltener Optimismus, dass es Homo sapiens gelingen wird, seine selbstzerstörerischen Kräfte ins Positive zu wenden.
Nach einer alten Legende bekam der Herrscher Jamsid einen Kelch von Gott geschenkt, in dem all seine Macht und sein Wissen über die Welt enthalten waren. Als Jamsid dies vergaß, war das Goldene Zeitalter beendet. Safak Sariciceks langes Gedicht ist die Reise eines lyrischen Ichs auf der Suche nach jenen alten Weisheiten, eine Reise durch die Kulturen und Religionen des vorderen Orients. Geschichte und Geschichten sind dabei ebenso miteinander verwoben wie das lyrische Ich mit anderen Gestalten. Dafür findet Saricicek eine ungewöhnliche Sprache, die so elementar wie die auf die Länder brennende Sonne und doch ganz modern ist.
Kometen Kometen
Gedichte
Safak Sariciceks neuer Gedichtband „Kometen Kometen“ zeichnet das Gemälde einer anthropozentrischen Welt, in der die Menschen einsam sind, rastlos, von einander und von ihrer Umgebung getrennt. Menschen, die nach Sicherheit und Komfort streben, eine Versicherung gegen die Endlichkeit suchen, zu Massen zusammengeschlossen, die sich Autokratien unterordnen. In diese Szene fallen wie verglühende Himmelsgesteine die ursprünglichen Kräfte der Natur, die eine Konstante ist, vernichtend, auferstehend, wiederkehrend. In einer bewusst an die Tradition angelehnten Sprache, die in ihrer Konsequenz schon wieder sehr kühn wirkt, zeigt Saricicek, wie die Kunst die Widersprüche zumindest ein Stück weit aufzulösen vermag.
Safak Sariçiçek, ungeschliffen und mitreißend aktuell, ohne die übliche Artistik moderner Gedichte, erkundet in Form einer „Spurensuche“ seine Schwindelgefühle für die Heimat (sowohl Heidelberg wie Istanbul), bei Religion, Moral, in der Liebe, dem Zusammenleben Jugendlicher hier und dort. Kritisch, mit der Beobachtungsstrenge eines angehenden Juristen, aber empfindsam und herzlich, stets für abenteuerliche Erlebnisse offen.