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Burkhardt Sandra

    Fragmente einer echten Ikone
    • Fragmente einer echten Ikone

      Petrarca-Variationen

      Ich will mich nicht präzise identifizieren, ich brauche Behauptungen: Ich bin ein boy. Ich bin Dichterkönig. Ich bin eine echte Ikone. Nichts könnte ich von mir sagen, das wirklich zuträfe: Weder bin ich mehr noch weniger „ich“. L’aura mi volve, et son pur quel ch’i’m’era - gewendet bin ich noch immer der, die ich schon immer war. In dieser Faltung, an der Stelle der Uneinigkeit zweier Sprachen liegen die Gedichte dieses Bands, fehlerhafte Wiederholungen und unangemessene Übersetzungen von Liebesgedichten des poeta laureatus Francesco Petrarca. Auch er ist immer dort, wo er nicht ist: Was er für Laura, seine Angebetete, hält, hallt und verändert sich dabei - l’aura, l’aurora, lauro, l’oro, l’ombra - ist letztlich bloß Schatten oder Busch. Petrarca folgt diesen Zeichen und im Gehen ist seine Sprache gerichtet: Er schreibt, insofern er widmet, an- und ausspricht. Wer fühlt sich angesprochen, wer ist bloß mitgemeint? Und wer spricht, wenn ich hier „ich“ sag? O Verlassenheit der prächtigen Ruinen, Einsamkeit der Gedichte und Jämmerlichkeit des in Kürze eintreffenden Seufzers, ihr bringt mich zum Weinen. Und wenn ich mich so weinen sehe, weine ich umso schöner. Werberei und Selbstbemitleidung sind zwei Seiten derselben Medaille in diesen Gedichten, in denen das „ich“ genauso begehrt wird wie das „du“. Sie erlauben mir, Chimäre, aus genau diesem Mund zu sprechen: dem jeweils Meinigen.

      Fragmente einer echten Ikone