Eberhard Häfner Libros






Am unfrisierten Rand
Gedichte
Der Prenzlauer Berg mit seiner Künstlerszene ist längst Geschichte – wurde gerodet, planiert, ver- braten und verkauft. Höchst gegenwärtig ist hingegen die Dichtung eines Eberhard Häfner, der in der Prenzlauer Allee seit vielen Jahrzehnten wie ein unbeugsamer Gallier die Stellung hält gegen einströmende Barbaren wie gegen literarisches Fast Food und künstlerischen Einheitsbrei. Was seine Texte genuin und einmalig machen, schrieb der Lyriker Tom Schulz 2021 über den Freund und Dichterkollegen, ist die Verbindung von Wissen und künstlerischer Freiheit: „Häfners Gedichte haben Esprit und Humor, das bedeutet nicht, dass sie vordergründig witzig sind oder Schenkelklopfer. Mit Witz ist auch die Idee eines Textes gemeint, der kluge Einfall. Häfners Witz kommt mal von hinten, von der Seite, und manchmal umarmt er einen.“
Die Verse in Eberhard Häfners zweitem im Verlagshaus erschienenen Gedichtband sind so dichtmaschig gewoben, dass ihre Oberfläche enormen Raum für Unebenheiten und Fallstricke lässt. Die Bedeutung seiner Wörter ist immer in Bewegung von einem zum anderen – ein Gleiten, das noch nicht einmal in seiner eigenen Bewegung konstant bleibt: In zwei Versen kommt Häfner wohlfeil zu Prügel. Diese großartigen Differenzen lassen auch die Verse in Bewegung geraten, die scheinbar statisch sind. Immer wieder ist dabei vom Körper die Rede. Der Sinn gleitet an ihm entlang – oder ab. Die drei Kapitel Stellen, Legen, Setzen geben gezielte Körperbewegungen vor, aber Häfners Gedichte kommen nie zum Stehen, und auch ein Ziel haben sie nicht nötig. Denn am Ende bleibt ein Geheimnis, das die Gedichte vielleicht selbst nicht kennen, das sie aber ständig in einer Bewegung hält, deren Sog man sich nicht entziehen kann.
Irrtum zeigt im Alphabet Methode
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Das Zischen der Schlangen, kryptische Fetzen und Nachrichten aus Kaffeesatz: Eberhard Häfner durchstreift in seinen neuen Gedichten alltägliche Szenerien am Rande der Wirklichkeit. Dabei ist es ganz unwesentlich, ob diese in der Natur, in der Kneipe oder im Bett spielen – gemein ist ihnen der wildwüchsige Sprachschatz, aus dem Häfner schöpft. Seinem mikroskopisch genauen Blick entgeht nichts: Von den Saugnapffüßen wilder Reben über den Schorf auf der Haut bis zu den Schlaftabletten auf dem Nachttisch. So entlockt er noch den banalsten Oberflächen eine intrikate Fremdheit; das Romantische dagegen bricht er auf die Werkbank herunter: Sterne sind nur das, was sich beim Schleifen der Stahlspirale in der Werkstatt entzündet; wenn er sich in die Büsche schlägt, dann dort, wo es stachelig wird; der Erhabenheit des Museums begegnet er mit dem Verzehr von Ölsardinen. Das Unstete, ständig im Aufbruch Begriffene haftet Eberhard Häfner an, der Irrtum wird zur alphabetischen Methode. Um aber den verschwimmenden Reiseeindrücken Rechnung zu tragen, bleiben wieder nur Fetzen übrig. Wie die Sahne auf dem Kuchen in einem polnischen Café. Oder das Hundesperma, das vom Frühling kündet. Ein Gedichtband voller zärtlicher Körperlichkeit und rauer Leidenschaft.