Christa Nebenführ Libros



Ein cholerischer, narzisstischer Vater herrscht über fünf Menschen dreier Generationen, doch aus dieser Macht zieht er weder Gewinn noch Freude. Der Verzicht der Hörigen auf eigene Entfaltung wird zu einem sinnlosen Opfer, während ein mit Blut geschriebenes Abkommen sie von der Außenwelt abtrennt, ähnlich wie die Stahltür, die Josef Fritzl von seiner Tochter und deren Kindern trennt. Die Geschichte einer dysfunktionalen Familie kulminiert in einem Selbstmord und versucht, den psychiatrischen Diskurs narrativ aufzuheben. Die Handlung spielt zwischen 2008 und 2019, beginnend mit der schweren psychotischen Depression der Mutter, während die Medien über den Fall Josef Fritzl berichten. Im Januar 2010 bricht die Erzählerin den Kontakt zu ihrem Vater ab, und im selben Jahr nimmt sich die Mutter das Leben. Drei Jahre später begegnet die Erzählerin ihrem Vater zufällig auf der Straße. Neun Jahre nach dem Selbstmord der Mutter ist sie die einzige, die am Sterbebett des Vaters sitzt. Durch fragmentarische Kindheitserinnerungen wird die Idee, dass der Wahnsinn von Anfang an angelegt war, wie in einer antiken Tragödie, zunehmend greifbar. Während die Familie im Irrsinn versinkt, werden kausale Hypothesen aufgestellt und wieder verworfen.
„Blutsbrüderinnen“, die Geschichte einer Mädchenfreundschaft, verweist schon durch den Titel auf die männliche Bastelanleitung zu einem weiblichen Universum. Hermine Hofstätter ist auf der Suche nach „Erhabenem“. Ob sie im Chemiesaal mit Hilfe einer Zirkelspitze eine Blutsbrüderinnenschaft, im Wohnzimmer ihrer verreisten Eltern eine römische Orgie oder in einer Off-Klitsche das große Welttheater zu inszenieren versucht, immer drängt es sie, den Vorgaben ihrer Heldenphantasien gerecht zu werden. Als ihre beste Freundin Elvira zunehmend eigene Wege geht und auch noch schwanger wird, gerät der Rahmen von Hermines Weltbild aus den Fugen … Ein wichtiger zeitgenössicher Roman!