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Ernst Heinrich Barlach

    Ernst Barlach fue un escultor, grabador y escritor expresionista alemán. Aunque apoyó la guerra en los años previos a la Primera Guerra Mundial, su participación en el conflicto le hizo cambiar de postura, siendo conocido principalmente por sus esculturas que protestaban contra la guerra. Esto generó muchos conflictos durante el auge del Partido Nazi, cuando muchas de sus obras fueron confiscadas como arte degenerado.

    SEESPECK
    Der gestohlene Mond
    • 2023

      Der gestohlene Mond

      • 154 páginas
      • 6 horas de lectura

      Wahl pflegte Wau des öfteren an seine Bürgerlichkeit zu erinnern, und dieser, keineswegs erschüttert, konnte es doch niemals unterlassen, in seiner Antwort die Frage nach Wahls Bürgerlichkeit ausdrücklich offen zu lassen. Beide wünschten unbemakelt von einer Wesensart zu bleiben, bei deren Erwähnung keiner an etwas Bestimmtes dachte. An einem frostigen Abend warf sich Wau indessen mit Behagen in einen gut gefütterten und an den Schultern brav gepolsterten Mantel, und während er ihn vor dem Spiegel zuknöpfte, nachdem er noch ein weniges an seiner Krawatte gefingert hatte, lächelte er seinem Spiegelbild beifällig zu und würde, so seine Vorstellungen in diesem Augenblick auf der Zunge geprickelt hätten, gesagt haben: gut bürgerlich, freilich, aber er sitzt warm, und ich fühle mich mollig darin. So trat er auf die Straße, wo er wie manche andere Beamten, Lehrer und sonstige Würdenträger von Gericht oder Post oder Steuer wohnte. Sie war kahl, normal, wohlanständig, und es schien Wau in seinem bürgerlichen Mantel, daß die Kahlheit und Normalhaftigkeit die Kälte des Abends besonders schaurig fühlbar machten. So also machte er sich's in seinem Mantel recht behaglich, wippte mit den Achseln, stopfte die Hände in die Taschen und zog die Schultern in die Höhe. Wenn seine Straße sich an ihrer Kahlheit genug getan, lief sie zwar geradeaus weiter, hieß nach wie vor gleichen Namens, ließ sich aber einigen Bewuchs gefallen und endete als Lindenallee. Auf den ersten dieser Lindenbäume hatte sich eine Katze vor Hunden gerettet und sich, im Geäst höhersteigend, rettungslos verklettert, die Hunde hatten sich verlaufen, aber die Kletterkünste der Katze hatten bankerott gemacht. Sie saß im Frost des Abends oben und mußte sitzen bleiben, da sie nicht abwärts steigen konnte, und aus der Nachbarschaft hatte ihre Not die Teilnahme anderer Katzen beschworen, die nun aus dunkeln Winkeln und Ecken die Anteiligkeit ihrer Katzenseelen am Ungemach der einen aus feurigen Augen leuchten ließen. Wau in seinem an den Schultern stark gepolsterten warmen Mantel blieb stehen und las aus der Situation im Baum und aus der kalten Stille in den Winkeln hier und da den Verlauf der Vorgänge ab, wußte dem Tier oben in den kahlen Zweigen seinerseits auch kein Entkommen aus seiner üblen Lage nachzuweisen und setzte, da er von der Geselligkeit eines gemütlichen und zwanglosen Abends beim Bürgermeister erwartet wurde, seinen Weg fort.

      Der gestohlene Mond
    • 2022

      SEESPECK

      • 96 páginas
      • 4 horas de lectura

      Als Seespeck nicht lange danach in der Gegend von Wilsede in einer Postkutsche durch die Lüneburger Heide auf Buxtehude zu fuhr, weil er am Tage darauf in Hamburg sein mußte, saß er mehrere Stunden in eines Mannes Gesellschaft, die seinen gewöhnlichen Zustand so sehr verkehrte, daß es ihm zu Mute war, als stände er ohne Halt auf einer hohen Leiter oder als faßte ihn für die ganze Zeit ein Schwindel, weil er in einen Spiegel hineinschaute, in dem sich alles bewegte, was draußen sonst ruhig lag und stand. So oft er meinte, sich so zu rücken, daß er den andern fest ins Auge fassen konnte, schien ihm der Boden unter den Füßen zu schwanken, und alles wollte sich vor seinen Blicken wie einem überkopf Stürzenden um- und umkehren. Er hatte den Tag vorher auf dem Wilseder Berge lange gezecht, und daher saß ihm in der Magengegend noch ein gelegentliches Gefühl, als gerönne etwas, als versteinte oder erstarrte etwas, worauf sich gleichzeitig ein leichter Schwindel hinter der Stirn merkbar machte. Aber damit hatte der Anblick dieses Mannes in der Ecke der Postkutsche wohl nichts zu tun, auf dessen Gesicht vom Licht der Bocklaterne ein Rückwärtsstrahl fiel. Seespeck selbst saß in der schräg gegenüberliegenden Ecke am offenen Türfenster und ließ vor diesem noch am Seitenfenster sein Profil gegen den Himmel abschatten.

      SEESPECK