Im Banater Grenzort Hatzfeld (rum. Jimbolia, serb. Zombolj, ung. Zsombolya) überlappen sich regional- und lokalspezifische Entwicklungsstränge. Das von Professor Reinhard Johler geleitete und multidisziplinär ausgerichtete Team des Tübinger Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde fächert verschiedene Erzählungen des multikulturellen Marktfleckens mit kleinstädtischem Gepräge auf. Die fünf Beiträge thematisieren den schrittweisen bis abrupten Ordnungswandel vom Zeitalter der Ansiedlung des Ortes bis in die Gegenwart: Aufbau und die Einrichtung des Kolonistendorfs Hatzfeld im Jahr 1766, die neuzeitliche lokale Bevölkerungsentwicklung, die interethnischen Beziehungen der Bewohner sowie die staatlichen und ökonomischen Langzeitgeneratoren von ethnischer Diversität, der kulturelle Aufschwung der Kleinstadt und die Herausbildung ihrer Deutungseliten, den Grenzort als Ergebnis territorialer Veränderungen und vielfältiger Migrationsbewegungen. Der Band strebt eine doppelte, text- und bildbasierte Narration des Ordnungswandels auf lokaler und regionaler Ebene an.AutorenverzeichnisMathias Beer (Dr. habil.), Geschäftsführer und wissenschaftlicher Mitarbeiter am IdGL, Forschungsbereich Zeitgeschichte, Lehrbeauftragter an der Universität Tübingen und Visiting Professor an der Universität Sibiu. Forschungsschwerpunkte: Deutsche und südosteuropäische Geschichte der Neuzeit und Zeitgeschichte, Nationalstaat und Minderheitenfragen, Migration, Erinnerungskultur, Geschichte der GeschichtswissenschaftenFata, Márta (Dr. habil.), wissenschaftliche Mitarbeiterin am IdGL, Forschungsbereich Neuere Geschichte, apl. Prof. an der Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Historische Migrationsforschung, Transkulturelle Beziehungsgeschichte, KonfessionalisierungReinhard Johler (Prof. Dr.), Leiter des IdGL, Professor am und Direktor des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft, Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Diversität in der Habsburgermonarachie, Kulturprozesse in Europa, Volkskunden in Europa und der Erste WeltkriegKarl-Peter Krauss (Dr.), wissenschaftlicher Mitarbeiter am IdGL, Forschungsbereich Demographie/Sozialgeographie. Forschungsschwerpunkte: Historische Demographie, Historische Anthropologie, Migrationsgeschichte, SozialgeographieOlivia Spiridon (Dr.), wissenschaftliche Mitarbeiterin am IdGL, Forschungsbereich Literaturwissenschaft, Lehrbeauftragte an der Universität Tübingen. Forschungsschwerpunkte: Deutschsprachige Literaturen aus dem südöstlichen Europa, Migrationsliteratur, die Donau in Literatur und FilmJosef Wolf (Prof. h.c.), wissenschaftlicher Mitarbeiter am IdGL, Forschungsbereich Historische Siedlungsforschung. Forschungsschwerpunkte: Regionalgeschichte (Banat, Siebenbürgen), Siedlungs- und Kartographiegeschichte
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Der vom nationalsozialistischen Deutschland entfachte Zweite Weltkrieg setzte Europa in Bewegung: Soldaten und Kriegsgefangene, Emigranten und Flüchtlinge, Deportierte und Zwangsarbeiter wurden aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen. Seit der letzten Phase des Krieges traf das Inferno zunehmend auch die deutsche Bevölkerung. Millionen Deutsche verloren zwischen 1945 und 1950 ihre Heimat. Mathias Beer schildert den Verlauf der Vertreibung, macht deutlich, aufgrund welcher Voraussetzungen sie geschehen konnte und zeigt, welche Folgen die Bevölkerungsverschiebungen für die Nachfolgestaaten des Dritten Reiches hatten. Ein prägnanter und zuverlässiger Überblick für alle, die sich über die wichtigsten Fakten und Hintergründe dieser bis heute heftig umstrittenen Geschichte informieren wollen.
Migration und kulturelles Erbe
Das Beispiel der deutschen Minderheiten in und aus Rumänien
Kulturelles Erbe ist als soziokulturelle Praxis zu verstehen, die aufgrund vielfältiger Austauschprozesse im Laufe der Zeit einem Wandel unterworfen ist. Dementsprechend verändert sich das Kulturerbe stetig. Migrationen tragen in erheblichem Maß zu solchen Veränderungen bei, wie das Beispiel der deutschen Minderheiten in und aus Rumänien zeigt. Ihre fast vollständige Emigration nach 1945 vor allem in die Bundesrepublik wirft die Frage nach der Weiterentwicklung ihres materiellen und immateriellen Erbes im Herkunftsgebiet und Zielgebiet auf. Wer sind die Erben des kulturellen Erbes der deutschen Minderheiten nach ihrem fast vollständigen Verschwinden aus Rumänien und wie wird es tradiert, weiterentwickelt und verändert? Der Band setzt aus transnationaler Perspektive die Migrationsgeschichte der deutschen Minderheiten aus Rumänien nach 1945 und ihr kulturelles Erbe zueinander in Beziehung und greift damit ein Desiderat der Forschung auf.
Der politische Umbruch im Donau-Karpatenraum am Ende des 17. Jahrhunderts erweist sich als tiefe Zäsur. Schrittweise verändern sich die Rahmenbedingungen, die im Laufe des 18. Jahrhunderts in der Stadt mehr als auf dem Land zu grundlegenden Veränderungen führen. Alte Diversitäten werden von neuen abgelöst oder konkurriert, was sich bei der Privatsphäre ebenso erkennen lässt wie im öffentlichen Raum. Obwohl in jener Periode die „Europäisierung" voranschreitet, kommt der besagte Schauplatz dennoch nicht aus der Peripherie des allgemeinen Wandels heraus.
Auf dem Weg zum ethnisch reinen Nationalstaat?
Europa in Geschichte und Gegenwart
Der Prozess der modernen Nationalstaatsbildung war von Anfang an gewaltdurchtränkt - nach außen und nach innen. Wie man sich feindselig vom Nachbarstaat abgrenzte, so grenzte man im Landesinnern all jene aus, die aus der Sicht des Staatsvolkes als nicht dazu gehörig, als fremd galten. Um die ethnische Homogenität Einheit und Reinheitder Nation zu erreichen, warmanchen jedes Mittel Recht.: Assimilierung, Umsiedlung, Vertreibung und Vernichtung der einmal hinausdefinierten religiösen, sprachlichen oder ethnischen Minderheiten prägten die neuere europäische Geschichte. Und heute? Wie vertragen sich Nationalstaat undverträgt sich das Streben nach nationaler Homogenität mit den Herausforderungen der Moderne, mit Globalisierung, Migration, demographischem Wandel, und europäischem Einigungsprozess und Neuordnung in Osteuropa? In diesem Buch antworten Experten - mit Blick in die Vergangenheit und die Gegenwart.