Das Dienst-Tagebuch der „Vormals Königlichen und Provinzial-Bibliothek Hannover“, die ab 1947 den Namen „Niedersächsische Landesbibliothek“ trug, wurde handschriftlich vom 3. April 1907 bis zum 25. Oktober 1961 von den drei Direktoren dieser Zeit geführt: 1907 bis 1927 von Karl Kunze − nach dessen plötzlichem Tod – 1927 bis 1952 von Otto Heinrich May und schließlich 1952 bis 1961 von Gerhard Meyer. Die dienstlichen Tagebucheinträge berichten aus Frie-dens- und Kriegszeiten, von Revolution, Bomben, Feuer und Hochwasser, die die Bibliothek bedrohten, und ver-orten die Institution damit in den vier, ja sogar fünf politischen Systemen dieser Epoche: Kaiserreich, Weimarer Republik, nationalsozialistische Diktatur, britische Besatzungszeit und Bundesrepublik Deutschland (Bundesland Niedersachsen). Das Tagebuch spiegelt damit in seinem Mikrokosmos „Bibliothek“ auch die „große Geschichte“ des Landes und der Stadt Hannover wider. Die vollständige Transkription des Tagebuch-Textes wurde durch Anmerkungen, Kommentare und Illustratio-nen ergänzt.
Ulrich Breden Libros



Werner Kraft war in der Zeit von März 1928 bis April 1933 als Bibliothekar in Hannover an der Vormals Königlichen und Provinzial- Bibliothek, der heutigen Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, tätig. In dieser Zeit erreichte auch sein literarisches Schaffen als Essayist, Kritiker und Dichter seine erste Reife. 1933 wurde er als Jude aus dem Bibliotheksdienst entlassen. Sein schriftstellerisches Wirken konnte ihm damit nicht genommen werden. Dieser LESESAAL gilt der Würdigung seiner Person in der in Hannover verbrachten Zeit. Das Leben von Werner Kraft endete nicht in Deutschland, und es endete nicht durch den Holocaust; ihm gelang es rechtzeitig, seine Heimat zu verlassen. Doch das Entsetzen über die Tatsache, dass ein unbescholtener, geachteter Bürger, ein erfolgreicher Bibliothekar, 1933 von heute auf morgen allein auf Grund rassistischen Wahnsinns und staatlichem Terror Ansehen, Beruf und Heimat verlieren konnte, dieses Entsetzen bleibt groß. Mit der Umbenennung eines zentralen Raumes, mit einer Dauerausstellung und mit diesem LESESAAL-Heft setzt die Gottftied Wilhelm Leibniz Bibliothek ihre Bemühungen um die Aufarbeitung jener Zeit im Bibliotheks- und Buchwesen fort.