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Werke aus der Sammlung Wemhöner
Werke aus der Sammlung Wemhöner
Das umfangreiche Werk von John Baldessari (geb. 1931 in National City, Kalifornien, lebt und arbeitet in Santa Monica), das er seit über sechzig Jahren produziert, entzieht sich einer gängigen Einteilung. Sein frühes malerisches Werk, das bis 1966 entstand und vor allem aus abstrakten Bildern und Collagen bestand, ließ er in einem theatralischen Akt 1970 in einem Krematorium einäschern. Die Asche seiner verbrannten Bilder sammelte er wie bei einem konventionellen Begräbnis in einer Urne. Seit 1970 untersucht er mit Intelligenz und Witz die Bildrealitäten der Medien-, Film- und Kunstwelt. In Text-Bildern, Fotoarbeiten, Videos, Collagen und Cut-ups spielt er mit Standards und Klischees. Er verfremdet Bilder durch Leerstellen und Überblendungen oder kombiniert Text und Bild, doch niemals mit dem Ernst der Konzeptkunst, sondern mit dem Lächeln eines Weisen, der die richtigen Fragen stellt. So entstanden Bild- und Werkserien, die heute zu den Inkunabeln jener Zeit gehören. Baldessaris Schaffen rückte den Westen der USA erstmals in den Blickpunkt der Kunstszene und zog junge europäische Künstler an, die bei ihm in Los Angeles studiertenAnerkennung für sein Werk erfuhr Baldessari 1972 mit der Einladung zur documenta 5 nach Kassel, mit der Verleihung des Goldenen Löwen 2009 auf der Biennale von Venedig und nunmehr dem Kaiserring 2012. Doch in Europa ist er trotz aller großen Erfolge immer ein „Künstler für Künstler“ geblieben.
Der Frage, was auf einem Foto überhaupt zu sehen ist, hat Christiane Feser (geb. 1977 in Würzburg, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main) im wahrsten Sinne des Wortes neue Facetten hinzugefügt. Ihre Bilder zeigen auf den ersten Blick sich wiederholende, geometrische Strukturen; Recht- und Dreiecke, die sich teilweise reliefhaft vorwölben, aber insgesamt in ein rhythmisches Flächenmuster eingebunden bleiben. Grundlage sind Papiermodelle, welche die Künstlerin durch Knicken und Falten herstellt und dann abfotografiert: diese Fotografien werden von ihr wiederum plastisch bearbeitet und danach abermals fotografiert. Sowohl die fotografischen Kompositionen als auch ihre dreidimensionalen Fotoobjekte sind eigenständige und einzigartige Werke. Fesers Arbeiten befinden sich somit präzise am Kippmoment zwischen Wiedergabe und Abstraktion. Sie zeigen abstrakte Strukturen, bilden aber auch das Material ab, aus welchem die Künstlerin die Strukturen geformt hat. Christiane Fesers abgebildete Modelle verweisen auf keine Realität, die sie darstellen, sondern nur auf sich selbst: dennoch sind ihre Bilder keine abstrakten Fotografien. In der prozessualen Verbindung von Plastik und Fotografie verkehren die „Latenten Konstrukte“ den traditionellen Objektivitäts- und Wahrheitsanspruch der Fotografie. Mit Texten von Bettina Ruhrberg, Ludwig Seyfarth und Michael Stoeber.
Rosemarie Trockel (geb. 1952 in Schwerte, lebt und arbeitet in Köln) wurde Mitte der 80er Jahre mit ihren Strickbildern international bekannt. Eine zweite Werkgruppe aus den 90er Jahren besteht aus zahlreichen Variationen von Wandarbeiten und Skulpturen, in denen herkömmliche Herdplatten Verwendung finden. Durch diese Arbeiten hat sich die Vorstellung von ihr als einer Künstlerin verfestigt, die die Rollenbilder von Frauen in der Gesellschaft hinterfragt und engagiert an ihrer Dekonstruktion mitwirkt. Doch das Werk von Rosemarie Trockel geht weit über diesen Aspekt hinaus. In seiner Vielfalt entzieht es sich allen Versuchen, es nach herkömmlichen Kriterien zu charakterisieren. Rosemarie Trockel ist ebenso Malerin wie Zeichnerin, Bildhauerin und Konzeptkünstlerin. 2011 erhält sie den Kaiserring der Stadt Goslar, einen der weltweit renommiertesten Kunstpreise. Mit Texten von Friedemann Malsch, Direktor Kunstmuseum Liechtenstein, und Wulf Herzogenrath, Direktor Kunsthalle Bremen.
Titel wie „Subirat“, „Varull“, „Kender“ und „Zmorg“ lassen nicht unbedingt an Zeitgenossen denken. Und doch haben die Skulpturen von Robert Schad etwas Anthropomorphes an sich. Nicht in dem Sinne, dass vor dem inneren Auge konkrete Menschen entstehen würden, eher durch den besonderen Fluss der Linie, die Körper in Bewegung vorstellen könnte. Angesichts von Schads Stahlskulpturen, die aus einfachen Vierkantstäben aus Baustahl bestehen, der zerschnitten, zerteilt und in stumpfen oder spitzen Winkeln wieder zusammengeschweißt wird, möchte man von tanzenden Linien sprechen. Tatsächlich lädt der 1953 geborene Bildhauer immer wieder Tänzerinnen und Tänzer ein, auf seine Werke performativ zu reagieren. Mit ihrem neuen Standort, dem Park der orthopädischen Klinik Heidelberg, gerät der Aspekt des Anthropomorphen verstärkt in den Fokus. Robert Schad ist nicht der erste Künstler, der im Skulpturenpark Heidelberg seine Werke zeigt, zuvor waren hier Arbeiten von Fritz Wotruba, David Nash und Gisela von Bruchhausen zu sehen. „Ich habe den Anspruch, denjenigen, die der Skulptur begegnen, einen Impuls zu geben, um sich auf die Reise zu ihrer ureignen Assoziationswelt zu machen“, kommentiert Robert Schad die besonderen Ausstellungsbedingungen des öffentlichen Raumes. Der Band dokumentiert nicht allein Vorstudien dieser monumentalen Arbeiten und ihren Aufbau, er gibt auch einen Einblick in ihre faszinierende Entstehung in der Werkstatt.