Verliebtsein als philosophischer Zustand und Eros als anthropologischer Code werden im Mythos von Phädra thematisiert, der Heldin der Liebe, Ehebrecherin, Mörderin und Selbstmörderin. Diese Dark Lady, geboren im antiken Griechenland, ist eine komplexe Figur im Theater der Welt. Sie ist weder eine schmachtende Frau, die dem Stiefsohn verfällt, noch eine sublime Sünderin, sondern eine gefährlich sprechende Persönlichkeit. Agnese Grieco dekolonisiert diesen Klassiker, der Misogynie, Patriarchat, Begehren und den Wunsch nach Gemeinschaft vereint. Sie interpretiert den altgriechischen Text von Euripides als provokantes Manifest gegen den Fetisch der Identität. Auf der Bühne bricht Phädra das Schweigen und diskutiert stolz und verwundet mit Platon, Sokrates und den Sophisten. Diese paradoxe Verfechterin des Logos stellt uns die Frage: Wo stehen wir, was haben wir aus der Erfahrung der Liebe gelernt? Was haben wir mit dem Eros gemacht? Agnese Grieco, in Mailand geboren und promoviert an der Freien Universität Berlin, lebt als freie Autorin, Regisseurin und Übersetzerin in Berlin. Sie ist seit 2006 associate member vom Ici Berlin und hat zahlreiche Werke veröffentlicht, darunter „Die ethische Übung“ und „Anatomia di una rivolta“. Für ihre Übersetzung von „Annette, ein Heldinnenepos“ wurde sie mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis 2022 ausgezeichnet.
Agnese Grieco Libros
