Namen- und Schlagwort-Reaktionen der organischen Chemie

„Warum müssen wir diese Namenreaktionen überhaupt lernen, einige von ihnen sind doch schon über hundert Jahre alt?“ Diese häufige Anfängerfrage lässt sich leicht beantworten: Namenreaktionen sind Kürzel, die einen großen Teil der praktischen und theoretischen Chemie kompakt ausdrücken. Sie signalisieren dem (eingeweihten) Gesprächspartner sofort, worum es geht. So wie eine Eiskunstläuferin beim Doppelten Rittberger, ein Mathematiker bei der Mordellschen Vermutung oder ein Schachspieler bei der Spanischen Eröffnung sofort wissen, was gemeint ist, kann auch die Chemikerin einen Syntheseweg nachvollziehen, der durch eine Friedel-Crafts-Acylierung eingeleitet und durch eine Wittig-Reaktion fortgesetzt wird. Es gibt zwar Fälle, in denen der Entdecker einer Reaktion diese mit seinem Namen versieht, doch üblicherweise erfolgt die Benennung durch die Nutzer, die die allgemeine Anwendbarkeit und Bedeutung einer Reaktion verdeutlichen wollen. Manchmal wird auch behauptet, dass ein nach einer Person benannter Effekt von jemand anderem stammt (sog. Nullter Hauptsatz der Wissenschaftsgeschichte). Jeder Autor eines Buches über Namenreaktionen muss sich dem Konflikt zwischen der Anzahl der behandelten Begriffe und der Diskussionstiefe stellen.