Winterfisch

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Der Ostseeraum bildet die Kulisse für Gregor Sanders neue Erzählungen, die große Geschichten in kleiner Form meisterhaft erzählen. Die Schauplätze reichen von Rerik über den Nord-Ostsee-Kanal bis nach Gotland, Helsinki und Klaipeda. Die Protagonisten sind Menschen, die unterwegs sind und gleichzeitig in ihren Schicksalen gefangen: wortkarge Seebären, desillusionierte Künstler und geliebte Frauen. Trotz ihrer Unterschiede teilen die Geschichten ein zentrales Thema: Sehnsüchte nach geliebten Menschen, einem freien Leben oder dem einfachen Gefühl, verstanden zu werden. Ein Beispiel ist die Erzählung von zwei Freunden, die zu einem Segeltörn aufbrechen, den sie zum vierzigsten Geburtstag geschenkt bekommen haben. Ihr Ziel ist St. Petersburg, während ihre Frauen Abenteuer und Weiße Nächte versprechen. Doch der Alltag auf See ist wenig aufregend. Dennoch gelingt es Sander, in diese beengte Situation tiefgründige Lebensgeschichten zu integrieren, die von der Möglichkeit, nach der Wende Medizin zu studieren, dem Scheitern in Berlin, dem Trinken und dem Streben nach einer Familie handeln. Sanders Erzählstil ist karg und fast verschwiegen, ähnlich wie die Menschen und die nördliche Landschaft. Mit wenigen, präzisen Strichen zeichnet er Schicksale, die unter die Haut gehen. Die Titelerzählung wurde 2009 mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet und erhielt 2012 den Preis der LiteraTour Nord sowie 2013 den Deutschen Erzählerpreis.