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In Geschichte(n), so Jacques Rancière, geht es um die Wahrheit der berichteten Ereignisse ebenso wie um die Realität der Subjekte. In dieser doppelten Perspektive verbinden sich einzelne Geschichten und die Geschichte. Beide können in ihrem Anspruch auf Wahrheit nicht ganz ohne Erfindung auskommen und sie müssen erzählen. Dies gilt in besonderer Weise für (auto-)biographisches Schreiben, das Leben in Texte fasst. In einer historischen und feministischen Zeitschrift wie L„Homme nach den Implikationen von zu Texten geformten Erzählungen über Leben - das eigene oder das fremde - zu fragen, bedeutet eine Suchbewegung in mehrere Richtungen: Die Reflexion auf das Biographische evoziert zunächst die innige Beziehung zwischen Historiographie und Biographie in einer - inzwischen brüchig gewordenen - Tradition der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, die Geschichte als von “grossen„ Persönlichkeiten “gemacht„ versteht und so Geschichte tendenziell mit den Biographien der “grossen Figuren" in eins fallen liess. Dass daraus Geschichtsbilder entstanden sind, in denen eine Mehrzahl der Menschen bestenfalls im Hintergrund auftreten konnten, wurde nicht nur von der frühen Frauengeschichte kritisiert, sondern vor, mit und nach ihr auch von vielen anderen historiographischen Strömungen. Heute treibt uns allerdings weniger die längst bekannte Tatsache um, dass diese Geschichtsbilder weitgehend ohne Frauen auskommen, von Interesse scheinen aus geschlechtergeschichtlicher Sicht viel mehr die dahinter liegenden Prozesse, die die Konstruktion von Geschichte als Wissenschaft im 19. Jahrhundert begleitet haben: Prozesse der Ausdifferenzierung von sozialen Milieus des Akademischen entlang von Geschlechtergrenzen und Prozesse der Ausgrenzung des Weiblichen, Prozesse der Stabilisierung brüchiger Identitäten durch die Konstruktion einer homosozialen akademischen Männerwelt, die von der Infizierung durch Weiblichkeit ebenso bedroht erscheint wie durch das Vorhandensein homoerotischen Begehrens. Die enge Verschränkung von Lebenswelt, alltäglichem/autobiographischem Schreiben und historiographischem Werk erweist sich für die Gründerväter der modernen Geschichtswissenschaften als konstitutiv, wie der Beitrag von Helmut Puff zeigt, der damit auch deutlich macht, dass der biographische Zugriff gerade auch in einem geschlechtergeschichtlichen Bemühen nach dem linguistic turn fruchtbar sein kann.
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Leben texten, Susanna Burghartz
- Idioma
- Publicado en
- 2003
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